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Aus-Zeit-Management

  • Janine Brodbeck
  • 22. Dez. 2019
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Dez. 2020

Wie sich meine Agenda auf wundersame Weise füllte, so dass keine Zeit für Arbeit geblieben wäre. Wie ich mich dabei gestresst fühlte - Freizeit- und Auszeitstress. Über die Suche nach einem gutem Umgang mit meiner Zeit.

Ich-Zeit

Wir-Zeit

Ihr-Zeit

Frei-Zeit

Nutz-Zeit

Reise-Zeit

Gruppen-Zeit

Ge-Zeit-en

Geil-Zeit

Muss- und Genuss-Zeit

Zu viel Zeit versus Zu-viel-Zeit

–>Priori-Zeiten setzen!

Unglaublich! Seit Monaten hatte ich nun keine regelmässige berufliche Beschäftigung mehr, eigentlich nicht mehr viele Verpflichtungen, und doch fühlte es sich so gar nicht nach frei und leer an. Kaum ein Tag, an dem ich nicht verabredet war, an dem meine Agenda einfach leer war und an dem ich in den Tag hinein leben und vorzu entscheiden könnte, was ich tun und was ich lassen wollte. Den Impulsen zu folgen war meine Idee für die Auszeit gewesen, doch nun liess ich in meinem Programm keinen Platz, an dem dies möglich gewesen wäre. Fast jeden Abend Verabredungen. Wunderbare Dinge, die ich da geplant hatte, liebe Menschen treffen, schöne Unternehmungen. Zu viele. Mittlerweile bin ich in so vielen Gruppen dabei und fühle mich richtig zugehörig. Das ist so schön, nachdem ich als junge Frau manchmal gelitten habe, weil ich einen grösseren Freundeskreis vermisste, weil ich mich manchmal einsam fühlte. Heute habe ich ein grosses Beziehungsnetz und bin ein gern gesehener Gast und eine begehrte Freundin zum Verbringen gemeinsamer Zeit. Und ich bin jemand, der ungern tolle Dinge verpasst. Also fuhr ich seit Wochen hierhin und dorthin, traf mich mit dieser Freundin und jener Gruppe, genoss jede Einzelne dieser Begegnungen. Und wurde trotzdem müde dabei und manchmal, wenn ich in meine gefüllte Agenda schaute, verschlug es mir fast den Atem. Es war zu viel. Ich sehnte mich nach Zeit mit mir allein, nach Ruhe, Entspannung, nach mal wieder mindestens zwei Tagen am Stück einfach daheim herumhängen (daheim hiess in meinem Wohnwagen). Gerade bewies ich mir sehr deutlich, dass das Gefühl von zu wenig Zeit haben, das ich schon lange kannte, nichts mit der Arbeit zu tun hatte. Nichts und niemand, dem ich die Schuld hätte zuschieben können. Ich machte mir dieses Problem vollkommen und in perfekter Weise SELBER! Solange ich bei jedem Singen, Müsiglen, jedem Treffen der Frauengruppe, Intervisionsgruppe, Austauschkreis etc. dabei sein und noch dazu regelmässig alle meine Freunde einzeln treffen will, komme ich nicht zur Ruhe! Solange kommt all das zu kurz, was mir auch noch wichtig ist. Solange werde ich jeden Abend innerlich klagen, dass ich wieder nicht geschrieben habe, wieder nicht Gitarre gespielt, wieder nicht Spanisch geübt habe, und dass ich wieder nicht einfach innehalten konnte, um zu schauen, worauf ich JETZT Lust habe oder was mir JETZT gut tun würde.


Als ich noch gearbeitet hatte, war das auch so, ich hatte mir aber auch nicht so viel vorgenommen und es war auch ok, die Freunde eine Weile nicht zu sehen. Schliesslich war ich ja arbeitstätig! Als 37-jährige "Ausnahme-Zwischen-Penisonärin" wurde plötzlich der Widerspruch grösser. Nun hatte ich ENDLOS Zeit und trotzdem immer das Gefühl, keine zu haben.


Nachdem mich das wochenlang beschäftigt und irgendwann ziemlich aufgewühlt hatte, wollte ich es aktiv ändern. In einer Woche sagte ich mehrere Treffen ab, mit schlechtem Gewissen zwar, weil ich doch eine zuverlässige und verbindliche Person sein will. Dann begann ich, Verabredungen zurückhaltender einzugehen. In den letzten zwei Wochen vor meiner Reise liess mich das entspannter sein. Schliesslich hatte ich sogar kurz zuvor noch das Gefühl, dass es gut "für alles Nötige" reichte.

Und nun bin ich hier, fernab all der Menschen, die ich liebe (mit Ausnahme meines Freundes). Ich sehe sie nicht und fühle mich doch liebevoll verbunden. Und obwohl ich vieles verpasse, fühlt es sich stimmig an. UND ich habe ZEIT, ganz viel davon, jetzt und im Blick in die Zukunft. Unverplante Zeit, oder zwar Pläne, aber mit viel Offenheit, was dann dort entstehen mag. Endlich stellt sich die Ruhe und Entspannung ein, die ich mir seit Monaten wünsche. Dieses Gefühl, auf das ich hoffte, als ich vor bald einem Jahr meinen Job gekündigt hatte. Ich sitze da im Café und weiss noch nicht, was ich in drei Minuten machen werde, in einer Stunde oder in einem Tag. Frei. Und ausserordentlich gut.

Und doch, wenn ich da so gedanktlich reingehe, dann spüre ich auch dieses Suchen nach Halt. Etwas in mir will wissen, wie es weitergeht, will planen. Das Wissen loslassen braucht Mut und Vertrauen ins Leben. Gerade gelingt das. Aber gerade entsteht in mir auch ein neues Verständnis dafür, wenn es manchmal nicht gelingt, wenn ich meine Zeit und meine Agenda fülle, vielleicht um genau diese Leere zu umgehen.


Irgendwann komme ich zurück in mein "normales Leben" mit meinen Freunden, meinen mir liebgewordenen Gruppen und Gefässen, in denen Begegnungen stattfinden. Wie gelingt es mir dann, den Freiraum und leere Zeiten zu bewahren? Meine Ich-Zeit?

In mir wächst der Wunsch, mehr Spontaneität zu ermöglichen in meinem Leben. Das bedeutet zwingend, weniger fixe Verabredungen zu treffen. Wo sage ich künftig "Ja" und wo "Nein"? Gibt es Orte, wo ein "Vielleicht" möglich wäre? Ehrlich zu kommunizieren und mir rausnehmen, etwas noch offen zu lassen, das ist mein Weg. Und meiner Ich-Zeit wieder höchste Priori-Zeit einzuräumen.


Bild von Janine Brodbeck

Wie macht ihr das in eurem Alltag? Kennt ihr Zeit-Tricks, die mir und anderen helfen könnten? Teilt eure Gedanken, teilt eure Erfahrungen. ZEIT - EIN WERTVOLLES GUT!

 
 
 

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